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Die Corona-Schutzimpfung mal rechtlich betrachtet
Die Corona-Schutzimpfung wird im Auftrag des jeweiligen Landes umgesetzt nach der Corona-Impfverordnung. Die Impfung wird hoheitlich durchgeführt und die Ärzte handeln als Beamte im haftungsrechtlichen Sinn. Wenn der Impfstoff jedoch später allgemein verfügbar ist und zugänglich bei Arztpraxen, kommt ein ärztlicher Behandlungsvertrag gemäß § 630 a BGB zugrunde.
Beim Patienten muss eine Einwilligung vorliegen. Juristen nennen dies Einwilligungserfordernis. Die Corona-Schutzimpfung kann den Tatbestand der Körperverletzung erfüllen, die Einwilligung des Patienten ist dann die Rechtfertigung der tatbestandsmäßigen Körperverletzung. Für die Schutzimpfung benötigt der Patient eine Einwilligungsfähigkeit. Nur weil ein Betreuer bestellt ist, heißt das noch nicht, dass die Einwilligungsfähigkeit nicht gegeben ist. Ist allerdings ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge bestellt, so ist es nach § 1901 BGB die Aufgabe des Betreuers, den Patienten dabei zu unterstützen, damit dieser selbst eine Entscheidung über die Frage der Impfung treffen kann. Hierbei trifft letztlich der Arzt die Entscheidung, ob die Einwilligungsfähigkeit des Patienten vorliegt. Wenn der Patient einwilligungsunfähig ist, muss der mutmaßliche Wille des Patienten ermittelt werden. Widerspricht die Impfung dann dem mutmaßlichen Willen, darf sie nicht durchgeführt werden, gemäß § 1906 a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB. Hierbei ist insbesondere auch das Vorliegen einer Patientenverfügung zu berücksichtigen. Wenn der einwilligungsunfähige Patient in einer wirksamen Patientenverfügung beispielsweise Impfungen untersagt hat, so ist dieser Wille bindend zu berücksichtigen. Dabei muss dann der Betreuer mit dem behandelnden Arzt beraten, ob, wenn beispielsweise die Patientenverfügung ungenau ist, die Impfung vom Willen des Patienten und Betreuten umfasst ist oder nicht.
Bei älteren Menschen ist eine behördlich empfohlene Impfung mit einem zugelassenen Impfstoff oftmals medizinisch indiziert. Wenn Arzt und Patientenvertreter, das heißt oftmals der Betreuer, keine Einigung herstellen können, ist es letztlich der Patientenvertreter und Betreuer, der über die Frage der Impfung entscheidet. In manchen Konstellationen kann es zu einer benötigten gerichtlichen Genehmigung kommen, was dann der Fall ist, wenn die Gefahr besteht, dass der Betroffene stirbt oder einen schweren oder länger andauernden gesundheitlichen Schaden erleidet gemäß § 1904 Abs. 1 BGB. Auch wenn ein Patient nicht einwilligt, bedarf es der gerichtlichen Genehmigung gemäß § 1904 Abs. 2 BGB, wenn der Betreute aufgrund der Nichtimpfung sich eines erheblichen oder schweren länger andauernden gesundheitlichen Schadens aussetzt. Bei der Corona-Impfung ist dies regelmäßig jedoch eine abstrakte Gefahr. Im Einzelfall ist dies nur denkbar, wenn der Betreute beispielsweise zur Hochrisikogruppe gehört oder beispielsweise auch in einer Pflegeeinrichtung lebt. Auch hier muss dann der Arzt wiederum beurteilen, ob diese Gefahr vorliegt.
Auch wenn ein nichteinwilligungsfähiger Betreuter die Impfung ablehnt, liegt eine Zwangsbehandlung im Sinne des § 1906 a Abs. 1 BGB vor. Diese ist dann nur zulässig, wenn sie zur Abwehr eines drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens notwendig ist. Dabei bedarf es stets der Genehmigung des Gerichtes. Es ist insbesondere wichtig, dass sich der Betreuer und Vertreter mit dem mutmaßlichen Willen seines Betreuten auseinandersetzt. Denn ansonsten kann es zu aufsichtlichen Maßnahmen des Betreuungsgerichtes kommen und auch Schadensersatzansprüche gegen den Betreuer können geltend gemacht werden. Auch eine Strafbarkeit des Betreuers beispielsweise wegen fahrlässiger Körperverletzung ist nicht ausgeschlossen.
Die Grundrechte des Betreuten bleiben auch in der Coronapandemie erhalten und müssen sowohl vom Arzt, dem Behandlungsteam und insbesondere auch vom Betreuer beachtet werden. Dass dies sicherlich zeitintensiver ist, als pauschale Impfung oder eben Nichtimpfung, ist klar. Diese Zeit müssen sich der Arzt und der Betreuer jedoch nehmen, damit die Rechte des Betreuten hier nicht beschnitten werden.